Häuser für die Unbehausten – Digitaler Vortrag von Alexander Hagner am 12.01.2021
Auf dem Weg zur Feier unseres Stadtjubiläums möchte die Veranstaltungsreihe "Marburg800 weiter denken" als Teil des Jubiläumsschwerpunktes „Marburg erfinden“ eine Plattform bieten, zukunftsgerichteten Fragen unserer Stadt nachzugehen: Wie möchten wir das Marburg der Zukunft gestalten? Auf welche Vorzüge Marburgs können wir zurückgreifen, wo liegen aber auch Defizite und was kann entwickelt werden? Wo liegen unsere Handlungsspielräume und wie können sie aktiviert werden? Kurzum: Wieviel Zukunft kann und muss Marburg schon heute riskieren?
Darüber möchte die Reihe mit den MarburgerInnen „weiter denken“ – in Raum und Zeit.
Ein wichtiger Bereich, der auf eine lange Tradition und das Wirken der heiligen Elisabeth in Marburg zurückblickt, ist die Weiterentwicklung Marburgs als Stadt der sozialen Fürsorge. Da die Obdachlosigkeit in Deutschland, wie in den meisten Teilen Europas, in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat und sich gerade in der gegenwärtigen Krise verschlimmert, gehört es auch dazu, angemessene Antworten auf die Lebenssituation wohnsitzloser Menschen zu finden.
In der Universitätsstadt Marburg gibt es bereits seit vielen Jahren ein gutes Unterstützungssystem mit unterschiedlichen Angeboten von Trägern, Einrichtungen und Stadtverwaltung. Hier erhalten Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht oder betroffen sind, eine qualifizierte Unterstützung in dieser schwierigen Lebenssituation. Eine Facharbeitsgruppe des Runden Tisches „Wohnungslosenhilfe“ arbeitet unter Leitung der städtischen Sozialplanung an der bedarfsgerechten Weiterentwicklung der Wohnungslosenhilfe. So wurde das Angebot Probewohnen mit sozialpädagogischer Begleitung neu geschaffen, um Menschen den Weg in ein reguläres Mietverhältnis zu ermöglichen. Die AG „Wohnungslosenhilfe“ berät über neue Wege, Rückzugsorte zu ermöglichen und Menschen ein Obdach zu geben.
Der Wiener Architekt und Stiftungsprofessor Mag. arch. Alexander Hagner gilt international als Spezialist für Soziales Bauen, nicht zuletzt durch das Pilotprojekt VinziRast-mittendrin, in dem vormals obdachlose Menschen und Studierende unter einem Dach leben oder die weiteren Vinzi-Projekte, wie das VinziDorf Wien für alkoholkranke obdachlose Männer.
„Es ist einfach sinnstiftend! …, dass durch unsere Arbeit weniger Leute auf der Straße schlafen müssen, ist ein Hochgefühl, das durch nichts auf der Welt ersetzbar ist." so Hagner, der inzwischen sein sechstes Vinzi-Projekt umsetzt. "Es geht hier um Menschen ganz am Rand der Gesellschaft. Wir sehen uns die Plätze an, die sich diese Menschen zum Wohnen aussuchen. Was sind deren Strukturen, was brauchen sie? Darauf setzt unsere Planung auf. … Wenn ich jemanden, der obdachlos ist, als Bauherr ernst nehme, kann ich ihm kein Massenquartier anbieten. Ich sollte mich diesem Menschen als dem Eremiten, zu dem er geworden ist, annehmen. Ich kann so jemanden nur abholen, wenn ich ihm einen Ort anbiete, an dem er sich erst einmal zurückziehen kann. Das grundlegendste Bedürfnis ist nicht jenes nach Schutz vor Regen oder Kälte, sondern ein Platz an dem die Person sein darf. … es gibt Menschen inmitten von uns, die nirgendwo sein dürfen. Das einzige, was sie angeboten bekommen, sind Plätze, an denen sie kompatibel sein müssen. Aber das sind viele dieser Menschen oft nicht mehr. Es muss also ein ganz niederschwelliges Angebot sein. Es geht um ein paar Quadratmeter Privatheit."
Wie er Lösungen verwirklicht hat, die den Bedürfnissen der Menschen Rechnung tragen und welche Erfahrungen er mit diesen sozialen Bauprojekten für ein niederschwelliges, alternatives Wohnangebot für Wohnsitzlose gemacht hat, wird Mag. arch. Alexander Hagner in seinem Vortrag Häuser für die Unbehausten – Architektur für Obdachlose in der Reihe "Marburg800 weiter denken" am 12. Januar 2021, ab 19:00 Uhr.
Die Veranstaltung wird zusammen mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GeWoBau ausgerichtet.
Sie sind herzlich eingeladen, an dieser Veranstaltung im Livestream teilzunehmen und dazu online Ihre Fragen zu stellen. Weitere Informationen finden Sie auf der Website der GeWoBau und der Stadt Marburg.
Stand 01/2021