Im Wohnraumversorgungskonzept der Universitätsstadt Marburg wird in 4 Kapiteln das Wohnraumpotential in Marburg, Maßnahmen im geförderten Wohnungsbau, das Wohnen mit und ohne Unterstützung sowie Anreize und Gebote behandelt. Die GeWoBau stellt in loser Folge die einzelnen Kapitel vor und führt die Serie fort mit dem Kapitel „Sicherung preiswerten Wohnraums im Bestand.
Ausgangslage
„Das Institut Wohnen und Umwelt kommt in seinem Konjunkturbericht Mittelhessen zu der Einschätzung, dass die durchschnittliche Angebotsmiete (nettokalt) für neugebaute Zwei- und Dreizimmerwohnungen im Jahresmittel 2012 bei 9,40 Euro/m² und für sämtliche nichtvermietete Wohnungen bei 8,00 Euro/m² lagen. InWIS ermittelte in seiner ergänzenden Analyse, dass das preisgünstigste Segment bei einem Viertel der angebotenen Wohnungen liegt und unterhalb von 6,50 Euro/m². Die Hälfte aller Angebote lag zwischen 6,50 und 9,40 Euro/m².
Die Bestandsmieten liegen unter den Angebotsmieten insbesondere die der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GeWoBau (durchschnittlich 4,85 Euro/m²), die der GWH Wohnungsgesellschaft Hessen (5,10 Euro/m²) und die der Wohnstadt Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft Hessen (4,75 Euro/m²).
InWIS kommt zu der Schlussfolgerung, dass sich die Versorgungsengpässe nicht über den gesamten Wohnungsmarkt erstrecken, sondern sich vor allem auf die preisgünstigen Angebote konzentrieren.
Bei etwa 40% der Angebote bestehen nach Einschätzung von InWIS Renovierungs- oder Modernisierungsbedarfe (Instandhaltungsstau wegen langjähriger Vermietungen, fehlende energetische Sanierung von Fassade und veraltete Heiztechnik, ungünstige Wohnungszuschnitte, fehlende Balkone, Barrierearmut).
Die Besonderheiten des Marburger Wohnungsmarktes sind:
Zukauf von Wohnungen, Ankauf und Erhalt von Belegungs- und Mietpreisbindungen
Die Universitätsstadt Marburg setzt sich zum Ziel, den Anteil an preisgünstigen und preisniedrigen Wohnungen am gesamten Mietwohnungsbestand zu erhalten.
Preisgünstig sind Mietwohnungen dann, wenn sie Haushalte bis zu einem mittleren Jahresnettoeinkommen von 18.500 Euro für einen 1-Personen-Haushalte, 28.000 Euro für einen 2-Personen-Haushalt und 6.400 Euro für jede weitere Person erreichen. Das Jahresnettoeinkommen orientiert sich am geplanten Förderprogramm des Landes Hessens für mittlere Einkommen.
Preisniedrig sind Mietwohnungen, die Haushalte mit einem Jahresnettoeinkommen von 15.500 Euro für einen 1-Personen-Haushalt, 23.500 Euro für einen 2-Personen-Haushalt und 5.300 Euro für jede weitere Person erreichen. Die Einkommensgrenzen orientieren sich am Förderprogramm des Landes Hessens für die Soziale Wohnraumförderung.
Die Sicherung des Bestands an preiswerten und preisgünstigen Wohnraum wird neben dem Neubau von preisgünstigen Wohnungen durch diese Maßnahmen sichergestellt:
Kosten der Unterkunft und Kosten der Heizung für Haushalte mit Transfereinkommen
Es ist sicherzustellen, dass Einzelpersonen oder Bedarfsgemeinschaften, deren Miet- und Heizkosten nach SGB II und XII übernommen werden, ausreichend Wohnraum finden. Hier ist einzuschränken, dass die Höhe der Miet- und Heizkosten (Kosten der Unterkunft (KdU) und Kosten der Heizung (KdH)) nicht von der Universitätsstadt Marburg sondern vom Landkreis Marburg-Biedenkopf ermittelt und festgelegt werden. Die gegenwärtig bestehenden Höchstgrenzen haben mit der Mietpreisentwicklung bei den Angebotsmieten nicht schrittgehalten.
Die Universitätsstadt Marburg wird sich dafür einsetzen, dass die Kosten der Unterkunft regelmäßig an die Mietpreisentwicklung angepasst werden.
Energetische und sonstige Modernisierungsmaßnahmen
Um den Wohnungsbestand an die Anforderungen der Zukunft anzupassen, sind energetisch orientierte und auch sonstige Modernisierungs- und Erneuerungsmaßnahmen im Bestand der preiswerten und preisniedrigen Mietwohnungen erforderlich. Die Ertüchtigung des Wohnraums dient auch dazu in Marburg weiterhin Segregation und Gettoisierung zu verhindern.
Dabei ist Sorge zu tragen, dass die Wohnungen, die modernisiert oder umfassend instandgesetzt werden, auch weiterhin Haushalte mit mittleren und unteren Einkommen erreichen.
Die bestehenden Förderprogramme der Universitätsstadt Marburg (barrierearme Wohnraumbestandsanpassung und Klima-Bonus Richtsberg) sind mit Blick auf den Erfolg der Zielsetzung zu überprüfen und ggf. zu verändern.
Bestandsersetzender Neubau
Marburg verfügt, wie in vorherigen Kapiteln ausführlich beschrieben, nur über begrenzte Baulandpotentiale in zentraler Lage, um Haushalte mit barrierefreiem und familiengerechtem Wohnraum zu versorgen. Daher ist zu prüfen, ob Wohnungsbestände insbesondere der Nachkriegsjahre, die erhebliche bauliche Mängel (Hellhörigkeit, fehlende Fassadendämmung, veraltete Heiztechnik) oder Mängel im Wohnungszuschnitt (kleine Bäder, kleine Kinderzimmer, hoher Wohnflächenverbrauch pro Person) aufweisen, durch Neubau ersetzt werden können.
Fazit: Sicherung bezahlbaren Wohnraums im Bestand durch Einsatz von Bündeln geeigneter Maßnahmen.“
aus: Wohnraumversorgungskonzept der Universitätsstadt Marburg, November 2015